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Wenn Schiller die Räuber mit Wordstar geschrieben hätte - digitale Langzeitarchivierung am Deutschen Literaturarchiv Marbach


Information digitaler Art verdrängt und ersetzt bekanntlich zunehmend traditionelle analoge Medien. Mit einer gewissen Verzögerung erreicht dieser Trend auch Gedächtnisorganisationen wie das Deutsche Literaturarchiv Marbach, die ihre traditionellen Aufgaben der Bewahrung, Erschließung und Bereitstellung authentischer Quellen nun auf digitale Objekte ausdehnen müssen.

Für diese Bestände reicht es nicht mehr, ihre Trägerobjekte optimal zu lagern und in ihrer Materialität zu erhalten. Vielmehr liegt gerade in der Trennung von Information und Träger der Schlüssel zur Erhaltung ihrer signifikanten Eigenschaften über einen langen Zeitraum.

Der Vortrag gibt einen kleinen Einblick in die Arbeit des DLA und versucht dann, digitale Archivobjekte zu klassifizieren und abzugrenzen: Unikal, privat vs. mehrfach vorhanden, publiziert analog, digitalisierbar vs. genuin digital (born digital) trägergebunden, on-site, abgeschlossen vs. trägerlos, online, verzweigt statisch vs. interaktiv. Daraus werden typische Gefährdungen und Risikofaktoren abgeleitet und insbesondere für trägergebundene Objekte dargestellt: Die Degradation und Obsoleszenz der Datenträger, die Obsoleszenz von Lesegeräten und insbesondere die Obsoleszenz von Dateiformaten.

Es werden abschließend Erhaltungsstrategien dargestellt und verglichen, die auf diese Gefährdungen reagieren. Auch dabei zeigt sich, dass digitale Archivobjekte verändert werden müssen, wenn man sie dauerhaft erhalten will.

Da es keinen prinzipiellen Unterschied macht, ob es sich um den digitalen Nachlass einer berühmten Schriftstellerin handelt, oder einfach um den eigenen digitalen “Kram”, der für Kinder und Enkel interessant sein könnte, fallen vielleicht auch praktische Tipps für die Zuhörer ab.

Zur Person

Heinz Werner Kramski hat 1990 ein Lehramtsstudium (Geschichte und Germanistik) an der Westfälischen Wilhelmsuniversität Münster abgeschlossen und war zuvor am Rechenzentrum der WWU Münster und freiberuflich im IT-Bereich tätig. Seit 1990 leitet er das Referat Wissenschaftliche Datenverarbeitung des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Er ist Mitglied der Nestor-AG »Kooperation und Vernetzung«, die Akteure der digitalen Langzeitarchivierung in Deutschland zusammenbringt.