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Schere im Kopf - Wie Überwachung Journalismus verändert


Die Große Koalition hat die Vorratsdatenspeicherung durchgepeitscht. Mit der dort vorgesehenen zehnwöchigen Speicherpflicht für Verkehrsdaten und der vierwöchigen Speicherpflicht für Handy-Standortdaten wird es Journalisten wesentlich erschwert, die Identität ihrer Informanten zu schützen.

Die enthaltenen Regelungen zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern wirken kontraproduktiv. Sie sind darauf ausgerichtet, den Sicherheitsbehörden weitmöglichen Zugriff auf die Kommunikationsdaten von Journalisten zu geben. Auch ohne richterliche Genehmigung sind sehr weitgehende Überwachungsmöglichkeiten journalistischer Arbeit damit realisierbar. Schon allein die Sammlung von Bestandsdaten, Verkehrsdaten und Standortdaten erschwert den Medien die Wahrnehmung der Wächterfunktion massiv.

Aber vollends aufheben will die Bundesregierung offensichtlich das rechtsstaatliche System der Checks and Balances mit den ganz verborgen und am Rande eingeführten Änderungen des Paragraphen 202d StGB. Hier wird nämlich der Straftatbestand der Datenhehlerei neu geregelt. Whistleblowing soll durch dieses Gesetz unmöglich gemacht werden. Ihr unliebsame journalistische Recherchen will die Bundesregierung künftig verhindern, unmöglich machen. Genau solche Recherchen will die Große Koalition unter Strafe stellen. Genau solche Recherchen will das Bundeskabinett in den Griff kriegen, weil dann Regierungshandeln so gut wie nicht mehr von Journalisten öffentlich gemacht werden kann. Wir Journalisten können dann nur noch der Regierung gefällige Geschichten bringen, aber keine Skandale mehr aufdecken, die einer Regierung gefährlich werden können.

Über den Referenten

Peter Welchering arbeitet seit 1983 als Journalist für Radio, Fernsehen und Print (u.a. Deutschlandradio, ZDF, verschiedene ARD-Sender, FAZ) und hat verschiedene Lehraufträge an Journalistenschulen in Deutschland und anderen Ländern.